UteGlaser                                                                                                                                                E-Mail                    
Journalistin

Donnerstag, 31. Mai 2007
    

Lebendige Sprache

Englisch ist praktisch ihre zweite Muttersprache geworden, aber Heidi beschäftigt sich intensiv mit der deutschen Rechtschreibreform. Seit 1996 dokterten ja -zig Köpfe an der Sprache herum, damit aus dem „daß“ ein „dass“ wird und künftig raue Brennnessel-Stängel auf Schultischen liegen. Egal wer diese ernannten Über-Deutschen waren: Mit Trennungen wie „Urin-stinkt“ und Schreibungen wie „Eis laufen“ machten sie sich sogar unter ihren Freunden Feinde – und eine Reform der Rechtschreibreform nötig. Seit August 2006 ist die Überarbeitung amtlich und die einjährige Übergangsfrist nun fast abgelaufen. Höfliche Briefschreiber verstehen aber immer noch nicht, warum in der Anrede ein großes „Sie“ gilt, aber zwischen kleinem „du“ und großem „Du“ gewählt werden darf. Eltern zucken zusammen beim getrennten „s-t“ – denn das tut weh. Und wie sollen Kinder beim Lesen neuer und auch alter Bücher eine sichere Orthografie entwickeln? Das Gegenteil ist der Fall. Rechtschreibfehler nehmen zu. Zudem wirken viele Medien mit einem jeweils eigenen Regelwerk verwirrend, und die bei uns falsche Genitiv-Form „Müller’s“ oder Formen wie „für’s“ greifen immer weiter um sich. Der Dudenverlag dürfte sich freuen. Seit Reformbeginn ist die vierte Auflage seines Standardwerks erschienen. Farben helfen durchs Labyrinth der neuen Rechtschreibung: Neue Schreibweisen sind rot gedruckt, Empfehlungen gelb unterlegt. Für die alte Schreibweise heißt es offiziell Ende Juli „tschüs!“ oder auch „tschüss!“. Dann gilt wieder, was immer galt: Die Sprache lebt und ändert sich von selbst. Aber nicht am grünen Tisch, sondern unter den Menschen.

Ute Glaser ist freie Journalistin, kennt Heidi Klum schon seit 15 Jahren und unterstützt sie bei der Öffentlichkeitsarbeit.